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Pressemitteilung
Dringender Reformbedarf zur Bildungsgerechtigkeit bei Legasthenie und Dyskalkulie
Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. (BVL) und seine Landesverbände (LVL) fordern die Anerkennung behinderungsbedingter Leistungsdefizite von Schülerinnen und Schülern mit Legasthenie und Dyskalkulie durch Bildungspolitik und Behindertenbeauftragte, um die Rechte und Bedürfnisse der betroffenen Kinder zu schützen.
Bad Münstereifel, 4. Februar 2025
Die Situation für Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie und Dyskalkulie in Deutschland ist alarmierend. Trotz der Anerkennung dieser Lernstörungen als Behinderungen im Sinne des Sozialgesetzbuches und der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10), sind die bestehenden schulrechtlichen Regelungen in den Bundesländern unzureichend und diskriminierend. Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. (BVL) und seine Landesverbände (LVL) fordern mit Nachdruck eine umfassendeReform der schulrechtlichen Rahmenbedingungen, um die Bildungsperspektiven für betroffene Schüler bundesweit zu verbessern. Ca. 10 – 15 % aller Schüler sind von einer Legasthenie oder Dyskalkulie betroffen und kämpfen sich, trotz guter Begabung, mühevoll durch unser Schulsystem mit deutlich schlechteren
Bildungschancen.
„Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 22. November 2023 unmissverständlich festgestellt, dass Legasthenie eine Behinderung darstellt und die „Pflicht zur Inklusion“ auch für Schulabschlussprüfungen gilt. Diese Diskriminierung trifft auch Schülerinnen und Schüler mit Dyskalkulie, deren spezifische Bedürfnisse im Bildungssystem weitgehend ignoriert werden“, sagt Rechtanwalt Dr. Johannes Mierau aus Würzburg. Ebenso wie Legasthenie ist auch Dyskalkulie eine lebenslang anhaltende neurobiologische Entwicklungsstörung. Beide Störungen erfüllen die vom Bundesverfassungsgericht benannten Kriterien einer Behinderung.
Die schulrechtlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern klaffen weit auseinander. Während in vielen Ländern zumindest für Legasthenie-Betroffene gewisse Unterstützungsmaßnahmen greifen, sind Nachteilsausgleiche für Schüler mit Dyskalkulie kaum vorhanden. Diese uneinheitliche Rechtslage führt dazu, dass die Bildungschancen der Betroffenen stark von ihrem Wohnort abhängen. Bildungsexperten fordern schon lange eine bundesweite Reform der schulrechtlichen Regelungen, die den individuellen Förder- und Unterstützungsbedarf von Schülern mit Legasthenie und Dyskalkulie verbindlich berücksichtigen. Ansonsten verlieren die Betroffenen weiterhin den schulischen Anschluss, mit gravierenden Folgen für ihre persönliche Entwicklung und beruflichen Perspektiven.
„Wir begrüßen ausdrücklich, dass im Forderungspapier der Behindertenbeauftragten des Bundes und der Länder zur inklusiven schulischen Bildung, unabhängige Förderdiagnostik, individuelle Förderplanung, erforderliche Nachteilsausgleiche und Hilfsmittel, Ausstattung der Schulen mit qualifiziertem Personal sowie technische und digitale Barrierefreiheit gefordert werden“, sagt Tanja Scherle, Bundesvorsitzende des BVL. Nur so kann sichergestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie und Dyskalkulie die notwendige Unterstützung erhalten, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen und seelische Behinderungen zu vermeiden.
Der BVL appelliert mit seinen LVL an die Bildungspolitiker auf Bundes- und Landesebene, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die notwendigen schulrechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um Chancengleichheit für alle Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie und Dyskalkulie zu gewährleisten. Es ist unerlässlich, dass ein flächendeckender und vollumfänglicher Nachteilsausgleich sowie ein Notenschutz
für alle betroffenen Schülerinnen und Schüler, unabhängig von Schulart und Klassenstufe, eingeführt werden. Ein aktives Handeln der Behindertenbeauftragten auf Bundes- und Landesebene, um die Rechte und Bedürfnisse dieser Kinder zu schützen, ist als flankierende Maßnahme dringend erforderlich.
Informationen zu Legasthenie und Dyskalkulie sind unter http://www.bvl-legasthenie.de abrufbar.
Pressekontakt:
Annette Höinghaus BVL c/o EZB
Tel. 04193/965604 Blumenweg 9
presse@bvl-legasthenie.de 53902 Bad Münstereifel
Vortrag |
Karlsruhe hat entschieden! Wie geht es weiter mit Legasthenie/Dyskalkulie aus juristischer Sicht? |
Ort: |
Hannover, Freizeitheim Vahrenwald - Großer Saal; Vahrenwalder Str. 92; 30163 Hannover |
Termin: |
Samstag, den 15. März 2025 von 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr |
Referent:
Rechtsanwalt Dr. Johannes Mierau, Würzburg; Fachanwalt für Familien- und Erbrecht; Lehrbeauftragter an der TU Chemnitz
Information über den Inhalt des Vortrages
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 22.11.2023 die Legasthenie als Behinderung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG bestätigt. In dem Vortrag werden die Einzelheiten des Urteils dargestellt. Die Entscheidung enthält wichtige Aussagen zum Verhältnis Nachteilsausgleich und Notenschutz, die bundesweit Auswirkungen haben werden. Thematisiert wird daher, welche Änderungen sich aus dem Urteil für Niedersachsen zu ergeben haben und wie diese in der Praxis umzusetzen sind.
Dr. Johannes Mierau widmet sich als Rechtsanwalt seit 2000 den Teilleistungsstörungen Legasthenie und Dyskalkulie. Schulisch wie außerschulisch hat er eine Vielzahl betroffener Kinder und Jugendlicher bei der Durchsetzung ihrer Rechte bereits vertreten. Im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht trat er als Beistand des BVL e.V. auf und kann somit aus erster Hand über die Entscheidung und die hieraus ergebenden Folgen referieren.
Der Kostenbeitrag beträgt für Nichtmitglieder 15,- €
Für Mitglieder im BVL und Neumitglieder
Bezieher von Sozialleistungen und Bafög kostenfrei (bitte Ausweis mitbringen)
Um Anmeldung wird gebeten.
E-mail: hannover@legasthenie-verband.de
Inhalte der Vorträge s. Homepage: www.legasthenie-kreisverband-hannover.de
Anreise:
Erreichbar mit der U-Bahn 1 + 2 bis Dragonerstraße; ansonsten stark eingeschränkte Park- möglichkeiten! Parkhaus gegenüber Freizeitheim: Parkhaus Vahrenwalder Platz, Vahrenwalder Str. 7
30. September 2024 - Tag der Legasthenie und Dyskalkulie
Informationen für gymnasiale Oberstufen
Gewährung von Nachteilsausgleich in der Oberstufe gleicht einem Glückspiel!
Auf die besonderen Probleme der von Legasthenie und Dyskalkulie betroffenen Schüler:Innen in der niedersächsischen Oberstufe weist der Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Niedersachsen in Rahmen des Tages der Legasthenie und Dyskalkulie am
30. September 2024 hin.
„Mit der Erreichung der Oberstufe wird von allen Schülern eine ausreichende Schreib-, Lese- und Rechenkompetenz erwartet. Dieser Anspruch mag erklärbar sein, doch wird er in der Realität und insbesondere von Schüler:Innen mit einer Lernstörung nicht immer erfüllt,“ betont der Vorsitzende des Landesverbandes Friedhelm Espeter. „dabei sei nochmals festzustellen, dass weder Legasthenie noch Dyskalkulie ein Indiz von Intelligenz noch Interessenlosigkeit ist und auch kein Grund ist, die Hochschulzulassung in Frage zu stellen. Viele Nobelpreisträger, Künstler oder Wirtschaftsmanager sind von diesen Störungen betroffen.“
„Von Legasthenie und Dyskalkulie betroffene Schüler:Innen haben eine intensive und oft sehr beschwerliche Schullaufbahn hinter sich und erwarben sich mit sehr viel Aufwand die Zulassung zur Oberstufe. Um hier weiter zu helfen, spielt die Gewährung von Nachteilsausgleich eine wichtige Rolle,“ so Espeter, „allerdings ist festzustellen, dass viele Schulen insbesondere in der Oberstufe sich hier verweigern bzw. durch Unkenntnis der Rechtslage es verhindern, dass die Schüler:Innen einen ihren Talenten entsprechenden Schulabschluss erreichen. Dabei ist die Rechtsprechung recht eindeutig. Nachteilsausgleich muss gewährt werden und behinderungsbedingte Minderleistung, wie hier z.B. die Rechtschreibung, darf nicht in die Notengebung einfließen.“
„In unserer telefonischen Beratungsstelle nehmen die Anfragen von Schüler:Innen, Eltern aber auch Lehrer:Innen in den Monaten der Abiturvorbereitungen Jahr für Jahr zu. Insbesondere die Vorgabe, die Rechtschreibung auch in den Nicht-Sprachfächern zu zensieren, führt zu erheblicher Frustration bei den Betroffenen.“
Um hier den Betroffenen mehr Information zukommen zu lassen, hat sich der Landesverband entschlossen, allen gymnasialen Schülervertretern ein umfangreiches Informationspaket zu kommen zu lassen.
Der Versand dieser Informationen erfolgt an 386 Schulen mit gymnasialer Oberstufe in Niedersachsen.
Auch in diesem Jahr werden wir von der DAK Gesundheit unterstützt. Hierfür sagen wir herzlichen Dank!